Vorwort zu „Vom Kopf direkt ins Herz“
Zugegeben, ich bin kein Kenner von Däge’s künstlerischem Schaffen. Auch mit Kunst und deren Betrachtung habe ich im Allgemeinen eher wenig am Hut. Um so mehr fühle ich mich geehrt, diese einleitenden Zeilen für seinen neusten Streich resp. gesammelten Striche beizusteuern. Dass ich meinen inneren „Kunstmuffel“ hierzu überreden konnte, ist allein der Wirkung von Däge’s Werk zu verdanken. Denn der Titel des vorliegenden Bandes ist schlichtweg Programm: Vom Kopf direkt ins Herz. Genau so traf es mich bei der ersten Durchsicht der ausgewählten Bilder. Mit scharfem Blick und spitzer Feder führt uns der Künstler die Welt vor Augen. Ganz so, wie er und wohl viele von uns sie wahrnehmen. Ungeschönt, voller Unrecht, Not und Tod. Nicht gerade das, was ich von einer stadtbekannten Frohnatur erwarten würde (wer mit Däge schon mal bei einem Glas Wein oder wie in meinem Fall bei einem Bier zusammensass, weiss von was ich rede). In diesem Sinne mag man sich darob streiten, ob die im einen oder anderen Bild gezeigte Völlerei und Wollust, tatsächlich voll des Lasters sind und nicht der Freude. Doch spielt dies eigentlich keine Rolle, denn der Künstler will nicht klagen. Trotz der ganzen Themenschwere geht es ihm nicht darum, uns Sündern mahnend den Spiegel vorzuhalten, sonder vielmehr mit einem Augenzwinkern den Funken der Hoffnung zu entzünden. Hinter all der vermeintlichen Verderbnis, erhebt sich zaghaft, ja fast verborgen die Vorstellung einer Welt, wie sie eigentlich sein könnte/sollte/müsste.
Wo Leben ist, ist auch der Tod. Auf jedes Werden folgt ein Vergehen. Doch ist dies nicht ein Fluch, sondern ein Segen. Nur durch Vergänglichkeit erhält das Dasein seinen Wert. Hätte also Eva nicht von der Frucht vom Baum der Erkenntnis gekostet, was wäre das für ein Leben gewesen. Im Paradies zwar, doch hätte sie nicht mal erkannt, dass Adam ein Mann ist: kein Sex, keine Geburt und kein Tod, ganz schön langweilig meiner Meinung nach. Erkennen heisst leben und entscheiden. Mal wenden wir uns dem Guten zu und steigen, mal dem Bösen und fallen. Doch mit der so gewonnenen Erfahrung, können wir es beim nächsten Mal besser machen, müssen aber nicht. Nur dadurch sind wir Mensch und wahrhaft frei. Mensch sein heisst also auch irren dürfen. Errare humanum est, wie der Lateiner sagt. Es wundert deshalb kaum, dass das Menschliche meist auf der Strecke bleibt, wenn sich weltliche oder religiöse Führer mit einem Brett vor dem Kopf oder einem einzigen Buch in der Hand um die Welt und eine vermeintlich letzte Wahrheit streiten. Oder eben die eigenen An- und Aussichten bei einem Tête à Tête mal wieder diametral auseinander liegen. Doch so spielt das Leben eben: Streiten und Versöhnen, Lieben und Hassen sind zwei Seiten derselben Medaille. Es sind die Gegensätze, die dem Leben die nötige Würze geben. Die Kunst besteht nun einfach darin, unser Gegenüber zu achten, auch wenn er oder sie anderer Meinung ist. Frei nach Voltaire also: Ich bin nicht einverstanden mit dem, was du sagst, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass du es sagen darfst. Keine einfache Sache. Wir sollten stets hinschauen, auch wenn wir es nicht sehen wollen. Wir sollten miteinander reden, auch wenn wir uneins sind. Wir sollten zuhören, auch wenn wir gar nicht alles wissen wollen. Nur so können wir einander verstehen, achten und allenfalls was ändern.
Wir sollten die gezeigten Bilder in Freude, Furcht oder Zorn festhalten und an dem, was sie in uns auslösen, wachsen. So ist eine Hinwendung zum Bessern in dieser Welt nicht verloren - wohl aber wird es eine Weile dauern…
Ihr Mike Stoll
Stadtführer Base
110 Zeichnungen von DÄGE URS - Illustrator, Cartoonist aus Basel aus den 4 letzten Jahrzehnten in einem Buch zusammen publiziert - mit Zitaten von «Spada di pittori Quatri» und Anderen interpretiert.
120 Seiten, im Format von 23cm x 23 cm Hardcover, Fadengebunden. 4-farben Kunstdruck